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1. Vom Beginn des Dreißigjährigen Krieges bis zum Tode Wilhelms I. - S. 25

1902 - Erlangen [u.a.] : Deichert
§ 80. Wirtschaftliche Zustände der Periode. 25 § 80. Wirtschaftliche Zustände der Periode. 1. Am Anfang des 16. Jahrhunderts seufzte der Bauer unterd-rbleischwerem Drucke. Um feine Lage zu verbessern, empörte er sich gegen») vor dem Krieg, feine adeligen Herren: es entstand der Bauernkrieg, welcher die Verheerung eines großen Teils von Süd- und Mitteldeutschland zur Folge hatte (I., § 63). Die Empörer wurden unterdrückt und zunächst hatten sie noch Schwereres zu ertragen, als vorher. Dann aber trat eine Erstarkung des Bauernstandes ein. Fürsten und Adelige erkannten feine Bedeutung als Nährstand, suchten ihn in ihrem eigenen Jntereffe zu schonen, zu kräftigen und in ihm die Arbeitslust zu erhalten, eo kam es, daß sich der Bauer anfangs des 17. Jahrhunderts eines gewissen Wohlstandes erfreute. Er besaß einen hübfchen Hausrat und hatte reichliches Vieh im Stalle und auf der Weide. Da kam der unheilvolle Krieg und vernichtete in einigen Jahr- b) nachdem zehnten die ganze Blüte der Landwirtschaft. Schwert, Hunger und verheerende Senchen wüteten derart, daß die Bevölkerung Deutschlands um mehr als die Hälfte abnahm, in manchen Landschaften sogar auf ein Drittel, ja auf ein Sechstel des früheren Bestandes herabfank. Württemberg hatte 1634 noch 313000 Einwohner, 1645 nur 65 000; für Böhmen hat man einen Rückgang von 3 Mill. auf 780 000 berechnet, in der Pfalz von 500 000 auf kaum 50 000. Die fortwährenden Truppendurchzüge, die Zerstörungswut und Plündernngs-fncht der entarteten Heere entwerteten oder vernichteten den immobilen Besitz. Das Fruchtland verschwand und an die Stelle blühender Felder und Wiesen trat oft die mit Gestrüpp bewachsene Heide, auf welcher zuweilen die Wölfe in ganzen Rudeln umherzogen. Taufende von Dörfern und kleinen Städten wurden in einen Trümmerhaufen verwandelt und, was an Hänfern übrig blieb, war fo fchadhaft und wertlos, daß niemand fchon wegen der darauf ruhenden Abgaben folche Wohnungen annehmen wollte. Ein empfindlicher Schlag für den Bauern war auch der Ruin feines Vieh st and es. — Nach dem Friedensschluß fehlte es allenthalben an Arbeitskräften, Vieh, an landwirtschaftlichen Geräten, an Ställen und Scheunen, kurz an allem, was zum Betrieb der Wirtschaft erforderlich war. Jnfolgedeffen blieb in einzelnen Gegenden noch ein ganzes Menschenaller hindurch eiu Drittel des Bodens unbebaut. Und trotz der geringen Bodenerträgnisse hatten die Produkte einen außerordentlich tiefen Preis (der Scheffel Weizen im Jahre 1627 noch 27 Groschen, 1657 nur 8). 2. Auch den Städten war der Verlauf des 16. Jahrhunderts Ter Bürger und günstig. Rege Gewerbe- und Handelstätigkeit führten zu behaglicher a)£tfrof£ieg.

2. Vom Beginn des Dreißigjährigen Krieges bis zum Tode Wilhelms I. - S. 26

1902 - Erlangen [u.a.] : Deichert
26 Vii. Der Dreißigjährige Krieg. Wohlhabenheit und die große kirchlich-religiöse Bewegung der Zeit erhöhte das Selbstgefühl der Bürger und deren Liebe zu Freiheit und Unabhängigkeit. Vermehrter Besitz und bessere Bildung machten stolz und lebensfroh, verleiteten aber auch zur Entfaltung übermäßiger Pracht, Verschwendung in Kleidung und zu sinnlichem Genuß. Diesem bedenklichen Hange suchten dann die Luxusgesetze zu steuern, welche von Landesherren oder von den Magistraten erlassen wurden, und z. B. vorschrieben, wie viel Gäste zu Tauseu, Hochzeiten und Leichen-schmausen geladen, wieviel Ellen Tuch für männliche und weibliche b) nachgdem Kleidung verwendet werden durften. — Der große Krieg jedoch warf die Städte in ihrer Entwicklung um Jahrhunderte zurück. Viele von den kleinen städtischen Gemeinwesen wurden so zerstört, daß sich bei der allgemeinen Armut der Bevölkerung, dem Mangel an Tatkraft und Unternehmungsgeist nur schwer neue Ansiedler fanden, welche den Wiederaufbau begannen. Die größeren, wohlbefestigten Städte hatten unter beständigen Belagerungen zu leiden und wurden zudem durch Plünderungen und hohe Kriegskontributionen erschöpft. Die Kraft der Bürger war gebrochen, der meist aufstrebende, lebensfrohe Geist mutiger Selbständigkeit geschwunden und daher war das Bürgertum unfähig, eine neue Periode der Entwicklung einzuleiten. Dieser Verfall offenbarte sich schort in der äußeren Erscheinung der Städte. Noch am Ende des 16. und in der ersten Zeit des 17. Jahrhunderts entstanden herrliche Rathäuser im edlen Renaissancestil, sowie eine Anzahl prächtiger Privathäuser, welche beredtes Zeugnis vom Reichtum der Bürgerschaft und dem in ihr herrschenden Geschmack ablegten (Rathaus zu Rothenburg o. Tbr. 1573, Nürnberger Rathaus 1621, der Ottheinrichsban am Schlosse zu Heidelberg 1559, das sog. Peller-haus in Nürnberg 1606). Was später an öffentlichen Gebäuden aufgeführt wurde, war im Vergleich zu früheren Werken nüchtern, kahl, ärmlich. Das Wiederaufblühen der Städte knüpfte sich zumeist an die Fürsten. Bis ins 19. Jahrhundert hinein zeigten mit wenigen Ausnahmen nur die Residenzen das Ansehen, den Glanz und die Blüte echter Städte. Die Fürsten taten viel zur Verschönerung, errichteten Anlagen und schufen prunkvolle Schlöfser, jedoch nicht mehr im edlen Geschmack des Reformationszeitalters, sondern in dem mit Pracht überladenen Zopfstil, der von Italien und Frankreich nach Deutschland verpflanzt wurde. Der Handel: 3. Der deutsche Handel erlitt schon im 16. Jahrhundert einen s,) vor dem Krieg. ~ , r. , r~ s < rrs- nv- ,r. , , \ , empfindlichen Schlag. Die Aufsindung des Seeweges nach Ostindien und die Entdeckung Amerikas lenkten den Weltverkehr in andere Bahnen und verschafften den an der Küste des Atlantischen Ozeans gelegenen Staaten: Portugal, Spanien, Frankreich, England, Holland ein Übergewicht vor Deutschland und Italien, welche Staaten bisher im Aus-

3. Vom Beginn des Dreißigjährigen Krieges bis zum Tode Wilhelms I. - S. 33

1902 - Erlangen [u.a.] : Deichert
§ 82. Ludwig Xiv. Leopold I. 33 fluß auf die Erziehung und Entwicklung des Prinzen. Nach Mazarins Tod (1661) übernahm Ludwig Xiv. die Regierung. Ganz den Grundsätzen entsprechend, welche Mazarin seiner Seele eingepflanzt hatte, steckte er seinem Wirken zwei große Ziele, die er mit aller Energie Zwei Ziele Lud-nnd Ausnutzung aller Mittel zu erreichen suchte. Er wollte erstens die Königsmacht im Innern so befestigen, daß keine Bewegung im Laude an den Grundlagen derselben rütteln könne, alle Gewalt an sich bringen, seinen Willen nach dem Grundsatz „l’Etat c’est moi“ (der Staat bin ich) zum allbeherrschenden, unumschränkten machen; er wollte zweitens Frankreich zum tonangebenden Staat in Europa erheben, die andern Staaten also in größere oder geringere Abhängigkeit von sich bringen. 3. Um das erste Ziel zu erreichen, gestattete er keine Mitregierung Mtttel^zur^Be-seitens der Reichsstände und des Pariser Parlaments, schränkte er die Königtums. Macht der Minister ein und verlieh die obersten Stellen nur an solche Männer, die ihm treu ergeben waren und die sich ohne Widerrede seinem Willen unterwarfen. Dabei war er indes darauf bedacht, für jedes Amt den begabtesten und brauchbarsten Mann zu finden. Mit viel Sicherheit und großem Scharfblick erkannte er die Fähigkeiten der ihn umgebenden Personen und so kam es, daß er Männer an die Spitze der einzelnen Verwaltungszweige stellte, die sich ihrer Aufgabe in hohem Grade gewachsen zeigten. Die hervorragendsten waren: 1) Colbert, welcher die Finanzen verwaltete, für Verbesserung a. Minister, der Verkehrswege, für Anlage von Straßen und Kanälen (Südkanal: Garonne-Mittelmeer) sorgte, das inländische Gewerbe hob, indem er die Ausfuhr von Rohstoffen und die Einfuhr von Fabrikaten verbot, einen Aufschwung des Ackerbaues und des Handels bewirkte und durch seine gesamte Tätigkeit die Mittel herbeischaffte, welche Ludwig Xiv. zu seinen Kriegen, Festen, Einrichtungen und zu den „Bestechungen auswärtiger Minister" brauchte; 2) der Kriegsminister Lonvois, welcher mit Geschick und Erfolg an der Vermehrung, besseren Organisation und Ausbildung des stehenden Heeres arbeitete, aber durch eine grausame Kriegsweise eine traurige Berühmtheit erlangte; 3) Vanban, der geniale Kriegsingenienr, welcher mit meisterhafter Kunst die eroberten Grenzstädte in uneinnehmbare Festungen umwandelte. Da Ludwig Xiv. viel Sinn für das Schöne hatte, so begünstigte b. Pflege der er die Pflege und höhere Entwicklung der Künste, namentlich der Baukunst und der Poesie. Prachtbauten erhoben sich in und um Paris, der herrlichste von ihnen das Schloß Versailles, in dessen Spiegelsaal 1871 das Deutsche Reich proklamiert wurde. Die Dichtkunst feierte ihr goldenes Zeitalter. Dichter und Gelehrte (Tragödie: Corneille und Racine. Komödie: Moliere. — Fenelon, Pascal) wetteiferten darin, den Namen Ludwigs zu verherrlichen. So gelang es Griebel, Lehrbuch der deutschen Geschichte. Ii. 3

4. Vom Beginn des Dreißigjährigen Krieges bis zum Tode Wilhelms I. - S. 53

1902 - Erlangen [u.a.] : Deichert
§ 88. Die Lage Europas am Ende des Nordischen Krieges. 53 Mündungsgebiete der Ober, Elbe und Weser waren für die Deutschen Bedingungen für die Anregung und Betätigung des Unternehmungsgeistes, für die Belebung des Handels gewonnen. § 88. Die Lage Europas am Ende des Nordischen Krieges. Die Pragmatische Sanktion und der Polnische Thronfolgekrieg. 1. Die Ereignisse am Ende des 17. Jahrhunderts, der Ausgang des Spanischen und des Nordischen Krieges waren sehr denkwürdig für ©taatenmtcms. die Ausbildung des Staatensystems in Europa. Bon wenigen Ausnahmen abgesehen, behielten die Staaten bis in die neueste Zeit herein im allgemeinen das Gewicht, mit welchem sie aus jenen Kämpfen itnb Verwicklungen hervorgegangen waren. Bisher war Spanien Großmacht; mit seiner Zerstückelung schieb es aus der Reihe der Reiche, welche einen bestimmenden Einflnß auf die Geschicke der Völker ausübten, und niemals mehr vermochte es, sich nur an-nähernb zur früheren Bedeutung emporzuringen. Bisher herrschte eine unversöhnliche, erbliche Feindschaft zwischen Frankreich und dem Hanse Habsburg, eine Feindschaft, die sich im Reformationszeitalter (Franz I. bis Karl V.), im Dreißigjährigen Krieg (Richelieu) und in vielen Unternehmungen Ludwigs Xiv. geoffenbart hatte. Jetzt, nachdem die Bourbonen den spanischen Thron inne hatten und Belgien an Österreich gekommen war, nahm sie an Schärfe ab, wenn sie auch ab und zu immer wieder einmal aufloderte. Dagegen erwachte die Eifersucht zwischen Frankreich und England. England war Seemacht geworden; es suchte seine Stärke im gewinnbringenden Handel und im Besitz von Kolonien. Da Frankreich nach gleichen Zielen strebte, so kam es bei diesem Wettstreit in der Folge nicht selten zu Zerwürfnissen, wobei England, weil es wegen seiner Lage den Gegner nicht wirksam angreifen konnte, stets auf die Gewinnung von festländischen Bundesgenossen bedacht war. Österreichs Macht und Einfluß waren gestiegen. Als bedeutsam für seine weitere Entwicklung erwies sich der enge Anschluß Ungarns, den es während des Türkenkrieges (1687) durch die Abschaffung des Wahlkönigtums und die Erblichkeit der ungarischen Krone im Haufe der Habsburger erreicht hatte (§ 86, 3). Als neue Großmacht hatte sich im Osten Rußland erhoben, das bisher nur als asiatischer Staat gegolten, jetzt aber durch die Erwerbung der Ostseeprovinzen Europa nahe gerückt war. Immer mehr gewann es an Ausdehnung, während das einst mächtige und umfangreiche Polen infolge innerer Zerrüttung

5. Vom Beginn des Dreißigjährigen Krieges bis zum Tode Wilhelms I. - S. 60

1902 - Erlangen [u.a.] : Deichert
60 Viii. Vom Westfälischen Frieden bis zur Französischen Revolution. Seidenfabriken). Um den Unternehmern ein Absatzgebiet für ihre Produkte zu sichern, verbot er die Einfuhr fremder Fabrikate und die Ausfuhr maucher Rohstoffe, so der Wolle zu gunsten der Tuch-fabrikation. — Handel: Der Beförderung des Handels diente insbesondere die Anlage des Friedrich-Wilhelm-Kanals, welcher die Oder mit der Spree verbindet und den schlesischen Frachtverkehr von Stettin, das im Besitze der Schweden war, ablenkte und durch Brandenburg über Berlin in die Elbe leitete. Mit dem Kanal wurde die erste Grundlage für den erstaunlichen wirtschaftlichen Aufschwung der Hauptstadt geschaffen. Die Erinnerungen an die in Holland gemachten Erfahrungen bewogen den Kurfürsten auch, über die durch das Meer gezogenen Grenzen hinauszustreben und seinem Volke einen Anteil am Welthandel zu sichern. Er erwarb zu diesem Zwecke einige Kolonien an der Westküste Afrikas (Goldküste) und gründete eine Flotte (Kriegs- und Handelsschiffe), welche die brandenbnrgische Flagge durch die Meere trug und das Ansehen des kleinen Staates bedeutend steigerte. Allein die an den Kolonialbesitz geknüpften Hoffnungen gingen nicht in Erfüllung. Es fehlte an Mitteln zur Unterhaltung und daher wurden die afrikanischen Besitzungen später cm die Holländer verkauft. — .)^«te Als fehr förderlich für die Entwicklung der wirtschaftlichen Ver- hältnisse erwies sich die Aufnahme von etwa 20000 aus Frankreich vertriebenen Hugenotten, welche im Jahre 1685 durch das Potsdamer Edikt erfolgte (§ 84, 3). Die Hugenotten waren fleißig und unternehmend und verpflanzten eine Anzahl von neuen Industriezweigen nach Deutschland (Tuch- und Hutfabrikation), d) Toleranz. Friedrich Wilhelm war ein Mann von ungeheuchelter Frömmig- keit und echt toleranter Gesinnung, der für das Zusammenleben der verschiedenen Konsessionen den Frieden wünschte. Als ein Streit zwischen den Lutheranern und den Reformierten in seinem Staate ausgebrochen war, verbot er in einem Edikt von 1664 die öffentlichen Anfeindungen eines religiösen Bekenntnisses. Der fromme Prediger und Liederdichter Paul Gerhard, welcher dem Duldungsgebot nicht folgen wollte, wurde abgesetzt und aus dem Lande vertrieben, e) Regierungs- Mit Stolz und Genugtuung konnte der Kurfürst am Ende feiner crgebm*. c£Qge nu| |e[ne Taten zurückblicken und hoffnungsvoll in die Zukunft fehen. Er hatte die Staatseinnahmen von 1j2 Millionen Taler auf 21/2 Millionen erhöht, das Heer von 3000 auf 28000 gebracht und überhaupt durch alle seine Reformen den festen Grund zur künftigen Größe Preußens gelegt. Schon die Mitwelt nannte ihn den „Großen".

6. Vom Beginn des Dreißigjährigen Krieges bis zum Tode Wilhelms I. - S. 63

1902 - Erlangen [u.a.] : Deichert
§ 91. Friedrich Iii. Friedrich Wilhelm I. 63 Um der Landwirtschaft zu dienen, setzte er die von dem Großen Kurfürsten begonnene innere Kolonisation fort, indem er 1731 etwa 20000 von dem Bischof Firmian von Salzburg aus ihrer Heimat vertriebene Protestanten aufnahm und sie namentlich in Pommern und Ostpreußen ansiedelte; um die Leistungsfähigkeit der heimischen Industrie zu steigern, bewahrte er sie durch Schutzzölle und Einfuhrverbote vor erdrückender ausländischer Konkurrenz (Aufnahme böhmischer Tuchweber); um seine Untertanen mit besseren Kenntnissen und Fertigkeiten auszurüsten, gründete er, dem Wissenschaft und Kunst gleichgültig waren, viele Volksschulen, führte er den Schulzwang ein und rief das erste Seminar zur Heranbildung von Volksschullehrern in Preußen ins Leben. 5. Ein besonderes Anliegen war dem König die Steigerung st^™natbfr der Wehrkraft des Landes. Aus diesem Grnnde wandte er der Armee die größte Sorgfalt zu, wobei dem sonst so sparsamen Monarchen keine Ausgabe zu groß war. Es gelang ihm auch, dnrch Aushebung von Landeskindern (meist Bauern) und durch Anwerbung Fremder die Zahl seiner Truppen von 38000 aus etwa 80000 zu bringen und ein sehr tüchtiges, in der Hauptsache aus heimischen Adeligen zusammengesetztes Offizierskorps zu schaffen. (Errichtung eines Kadettenhauses.) Wesentliche Dienste bei der Verbesserung des Heerwesens leistete ihm sein vertrauter Ratgeber Leopold von Dessau (der „alte Dessauer"), der sich im Spanischen Erbsolgekrieg Lorbeeren erworben hatte. Eine beinahe krankhafte Vorliebe zeigte Friedrich Wilhelm I. für „lange Kerle". Wo er solche antraf, ließ er sie anwerben. Er bildete ans ihnen die bekannte Potsdamer „Riesen- garde", in welcher er sein „militärisches Ideal zu realisieren suchte". 6. Unter der Regierung Friedrich Wilhelms I. erfuhr Preußen Vergrößerung eine wertvolle Erweiterung. Im Utrechter Frieden, 1713, erhielt es ^ieu'un''' Obergeldern (§ 85, 9) und im Stockholmer Frieden, 1720, wurde ihm Vorpommern zwischen Oder und Peene, Stettin und die Inseln Usedom und Wollin einverleibt (§ 87, 7). Dagegen trat es seine afrikanischen Kolonien, weil deren Behauptung sehr kostspielig war, an die Hollandisch-ostindische Kompagnie ab. Friedrich Wilhelm I. starb 1740. Er hinterließ ein pflichttreues Beamtentum, ein schlagfertiges, starkes Heer, eine gefüllte Staatskasse, einen Staat von 2200 Quadratmeilen und etwa 2 a/4 Millionen Einwohner und dies Erbe gewährte seinem Sohn und Nachfolger die Mittel zur Ausführung seiner gewaltigen Taten.

7. Vom Beginn des Dreißigjährigen Krieges bis zum Tode Wilhelms I. - S. 100

1902 - Erlangen [u.a.] : Deichert
100 Viii. Vom Westfälischen Frieden bis zur Französischen Revolution. Um deutsche Interessen. Am Oberrhein, diesem wichtigen Handelswege, geboten die Franzosen, die übrigens infolge der von Ludwig Xiv. ausgeübten Diktatur zu Herren der ganzen Rheinstraße wurden. Mit der französischen Mode drangen die französischen Modeartikel und Genußmittel in Deutschland ein, und letzteres konnte die Vermin-dernng des Nationalwohlstandes nicht etwa durch den Export seiner Produkte nach Westen hin aufheben. Zudem bestanden im Innern die Hemmnisse fort, welche von jeher den Aufschwung und die Erstarkung des Handels erschwerten: die Binnenzölle, die Verschiedenheit der Münzen, Maße und Gewichte zc. Es muß jedoch hervorgehoben werden, daß manche Fürsten mit allen Mitteln eine Besserung anstrebten, das heimische Gewerbe zu kräftigen und seinen Produkten einen Markt zu verschaffen suchten. Hierher gehören Einfuhrverbote gegen fremde Waren, Verbote der Ausfuhr von Flachs und Wolle, Herbeiziehung industrieller Kräfte von auswärts, Aufnahme der aus Frankreich und Salzburg vertriebenen Protestanten, die sich durch Fleiß und Betriebsamkeit auszeichneten, Verbesserung der Transport-uud Kommunikationsmittel (Kanäle). Nach dem Siebenjährigen Krieg kam ein frischer, belebender Zug in die deutsche Handels- und Jn-dustrietätigkeit. Die Ostseehäfen, die durch den Stockholmer Frieden (1720) den Deutschen wieder zurückgegeben worden waren, stiegen rasch empor und Hamburg und Bremen erlangten große Bedeutung für den Seeverkehr, während Leipzig und Frankfurt a. M. sehr berühmt durch ihre Messen wurden. An manchen Orten bildeten sich Mittelpunkte gewisser Industriezweige, so für die Baumwollenmann-faktur das Erzgebirge, für Leinenwaren Schlesien und Westfalen, für die Seidenweberei Krefeld und Umgebung, für Silberwaren Hanau und Pforzheim, für Eisen- und Stahlwaren Suhl und Solingen, für die Fabrikation von Uhren der Schwarzwald. § 103. Deutsches Geistesleben im 18. Jahrhundert. Einfluß des 1. Nur sehr langsam erhob sich das deutsche Geistesleben aus Sranzosentum,. ^ Versunkenheit, in welche es durch die Wehen des Dreißigjährigen Krieges gekommen war. Zunächst geriet es dank den Erfolgen der gebietenden Stellung Ludwigs Xiv. und dem Prunke an seinem Hose in eine beschämende Abhängigkeit vom Franzosentum. Sie offenbarte sich im Gebrauch der französischen Sprache seitens der höheren Stände, in der Nachahmung französischer Sitte und Tracht und in der Gewöhnung an einen leichtfertigen, sich über die Forderungen der Moral schnöde hinwegsetzenden Wandel. Lange noch be-

8. Vom Beginn des Dreißigjährigen Krieges bis zum Tode Wilhelms I. - S. 186

1902 - Erlangen [u.a.] : Deichert
186 X. Vom Wiener Kongreß bis zur Wiederaufrichtung des Deutschen Kaisertums. § 131. Der Preußisch-deutsche Zollverein 1834. 1. Wir haben gesehen, daß die Bundesversammlung in Frankfurt a. M. hinsichtlich des nationalen und konstitutionellen Gedankens eine hemmende, ja unterdrückende Tätigkeit ausübte und daß sie da, wo von seiten einzelner Fürsten das Bestreben nach einem freien inneren Ausbau der Eiuzelstaateu hervortrat, kein Mittel unversucht ließ, um den Regierungen die Hände zu binden. Wie unerquicklich nun auch das Bild war, welches Deutschland in politischer Beziehung darbot, auf wirtschaftlichem Gebiete, sowie in Kunst und Wissenschaft kam es in der langen Friedenszeit zu einer äußerst erfreulichen Entwicklung der Kräfte. Wir betrachten hier die wirtschaftlichen Erscheinungen. "de"m deutschen^ 2- Nach dem Wiener Kongreß erhoffte man in ganz Deutschland iebenmaenben nac^ einer langen Lähmung und Fesselung der produktiven Kräfte Druckes, eilte Belebung von Industrie, Handel und Verkehr. Dieselbe trat jedoch nicht eilt. Die Ursache davou war: 1. das massenhafte Einstro m e n e n g l i s ch e r F a b r i k a t e, die während der Kontinentalsperre in England hergestellt und aufgestapelt und nun zu (Schleuderpreisen ans dem deutschen Markt abgesetzt wurden, und 2. das in Deutschland herrschende unheilvolle Grenzzollsystem, welches die vielen Staaten fast hermetisch Don einander abschloß, die Zirkulation der Waren außerordentlich belästigte und verteuerte und den Schmuggel mit seinen entsittlichenden Wirkungen zur höchsten Blüte brachte. „Das Bedürfnis eines wirksamen Schutzes der nationalen Industrie" veranlaßte verschiedene Fabrikanten, sich hilfesuchend an den Bundestag zu wenden. Aber das Zentralorgan in Frankfurt kümmerte sich nicht um die Beförderung gemeinsamer wirtschaftlicher Interessen, obwohl Artikel 19 der Bundesakte eine Regelung des Handels und Verkehrs zwischen den verschiedenen Bundesstaaten in Aussicht stellte. Da trat Preußen hervor und zeigte den deutschen Regierungen den einzig richtigen Weg zur Besserung der Verhältnisse. Das preußische 3. Es erließ 1818 ein Zollgefetz, welches zwischen den eigenen Z^llgesetz vou Provinzen die Beschränkung des freien Verkehrs aufhob, die Zölle an die Grenzen des Staates verlegte, die Einfuhr der Rohstoffe entweder gar nicht oder nur sehr gering belastete, für die Manufakturwaren eiueu mäßigen Schutzzoll (10 %), für die Kolonialwaren jedoch einen höheren Finanzzoll (20%) einführte. Da bei der Zerrissenheit des preußischen Gebietes die preußische Grenzlinie eine Menge von Staaten berührte, so stellte sich die Ausdehnung des Zollgesetzes auf die benachbarten Staaten als eine Notwendigkeit heraus. Vor allem war es der

9. Vom Beginn des Dreißigjährigen Krieges bis zum Tode Wilhelms I. - S. 187

1902 - Erlangen [u.a.] : Deichert
§ 131. Der Preußisch-deutsche Zollverein 1834. 187 Regierung darum zu tun, Kurhesseu und Hessen-Darmstadt, wodurch Preußen in eine östliche und westliche Hälfte geteilt wurde, zum Anschluß zu bewegen. Es gelang. 1828 kam es zwischen Preußen und Hessen-Darmstadt, 1831 zwischen Preußen und Knrhessen zur festen Einigung. Die Gemeinsamkeit der wirtschaftlichen Interessen veranlaßte 1828 auch Bayern und Württemberg zur Begründung eines Zollvereins. 4. Es lag nun im Vorteil des norddeutschen und des süddeutschen ®eutf|eeu3o^5 Verbandes, eine Einigung beider herbeizuführen. Die darauf gerichteten bercin 1834• Bemühungen gelangten 1833 34 durch Errichtung des Preußisch-deutschen Zollvereins zu eiuem sehr erfreulichen Abschluß. In der Nenjahrsnacht 1833/34 fielen die Schlagbäume zwischen den meisten deutschen Ländern. Hochbeladene Frachtwagen hatten sich in langen Zügen vor allen Mauthäusern angesammelt. Mit dem Glockenschlag 12 zogen die Rosse an und nun ging es unter dem Jubel lärmender Volkshaufen lustig vorwärts. Anfangs umfaßte die ueue Einigung Preußen, Hessen-Darmstadt, Kurhessen, Sachsen, die thüringischen Staaten, Bayern und Württemberg. In den folgenden Jahrzehnten schlossen sich auch die übrigen Staaten an. (Hannover 1854, Mecklenburg 1866, Hamburg und Bremen 1888). Nur Österreich blieb außerhalb des Bundes. — Etwas Großes hatte sich unter Preußens Führung in aller Stille vollzogen. Deutschland war wirtschaftlich geeinigt, war von der „Einzelstaatswirtschaft zur nationalen Wirtschaft" übergegangen und damit war der Grundstein zu einer noch bedeutsameren Einheit in deu Boden gesenkt. Die Erzeugnisse der zum Verein gehörigen Länder (ausgenommen Bier- und Branntwein, für welche eine Übergangsabgabe entrichtet werden mußte) gingen ohne Eingangs- und Durchgangssteuer nach allen Territorien des Zollgebietes. Die von außen kommenden Waren wurden an der Grenze nach einheitlichem Tarif besteuert und konnten dann ebenfalls nach allen Richtungen zirkulieren. Alle Zölle flössen in eine gemeinsame Zollvereinskasse und wurden von hier ans an die einzelnen Staaten nach Maßgabe der Bevölkerung verteilt. 5. „Die wohltätigen Folgen des Bundes zeigten sich bald in Aufschwung ^von einer allgemeinen Entfesselung und Belebung" der wirtschaftlichen Kräfte. Handel. Ein neuer, aufstrebender Geist regte sich im deutschen Bürgertum und offenbarte sich in einer Rührigkeit und Schaffensfreudigkeit, die an die schönste Zeit der mittelalterlichen Hansa erinnerte. Die Industrie, die Fabriken begannen mit dem Ausland zu wetteifern, ja sie suchten in manchen Zweigen die fremden Leistungen zu überflügeln, und gleichen Schritt mit der industriellen Entwicklung hielt der Aufschwung des Handels. Die deutsche Hanbelsslotte eroberte ein Gebiet nach dem anberen; balb nahm sie nächst der englischen und amerikanischen

10. Vom Beginn des Dreißigjährigen Krieges bis zum Tode Wilhelms I. - S. 177

1902 - Erlangen [u.a.] : Deichert
§ 127. Einheits- und Freiheitsbestrebungen im deutschen Volke. 177 X. item pirati Kongreß big zur Mederausrwung des Kutschen laiseitums. 1815—1871. A. Die Zeit des Deutschen Kundrs 1815—1866. I. Der Ilund bis zu den Stürmen des Iayres 1848. § 127. Einheits- und Freiheitsbestrebnngen im deutschen Volke nach den Befreiungskriegen. 1. Dem Wiener Kongreß folgte eine lange Friedenszeit. Sie war wohl mit materiellen und geistigen Gütern gesegnet, ließ es aber infolge des Mangels an nationaler Einheit, an Kraft, Frische und Regsamkeit doch nicht zu einer gesunden und gedeihlichen Entwicklung des deutschen Volkes kommen. In den ersten Jahren nach den Befreiungskriegen empfand die Mehrheit des Volkes ein lebhaftes Bedürfnis nach Ruhe. Die vorausgegangenen, fast endlosen Kämpfe hatten den Wohlstand vieler erschüttert und namentlich den erwerbenden Klassen das Fortkommen außerordentlich erschwert. Ein empfindlicher Druck lastete auf den wirtschaftlichen Kräften des Landes. Die Industrie war, da nach dem Aufhören der Kontinentalsperre englische Fabrikate den deutschen Markt überschwemmten, in ihrer Entfaltung gehemmt und die Landwirtschaft hatte als Nachwirkung der Mißernten von 1816 und 1817 schwere Zeiten durchzumachen. Unter solchen Umständen nahm das Ringen nach den notwendigsten Lebensbedürfnissen die Kraft, das Sorgen und Denken der breiten Schichten der Bevölkerung in so hohem Grade in Anspruch, daß es denselben unmöglich war, sich um allgemeine politische Angelegenheiten, um die Mängel und Gebrechen des Deutschen Bundes zu kümmern. 2. Trotz dieser mißlichen Lage aber wirkte der durch die Befreiungskriege angefachte neue Geist wenigstens in dem gebildeten Teil der Nation in ungeschwächter, ja in stets wachsender Macht fort. Er offenbarte sich in dem Verlangen nach ftrafferer Einheit Deutschlands und in der Forderung nach der durch Gesetz zu regelnden Mitwirkung Griebel, Lehrbuch der deutschen Geschichte. Ii. 12 Bedürfnis nach Ruhe. Einheits- und Freiheitsbewegung.
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